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Einführung, warum RAW?

Ich frage mich, warum ich diesen Artikel schreibe, denn es gibt zig Abhandlungen zu dem Thema. Eigentlich ist der Fall klar, RAW gibt einem die maximale Freiheit, die maximalen Bildinformationen, es MUSS doch besser sein oder? Besser als was? Die allermeisten Leute fotografieren ihr Leben in JPG, und meistens wissen sie nicht mal, dass es mehr gibt. Sie vermissen auch nicht wirklich etwas, denn die meisten Voreinstellungen in Kameras lassen JPGs gar nicht schlecht aussehen. Da werden vielleicht noch "Farbprofile" auf "lebendig" gestellt, aber das war es dann auch schon.

Das muss nichts schlechtes sein. Für viele ist das die Möglichkeit, schnell und unkompliziert an durchaus passable Bilder zu kommen.

Etwas fehlt

Als ich mir die ersten Bilder meiner Canon 550D damals angesehen habe, war ich beeindruckt. Die Farben, die Schärfe, all das kannte ich vorher so nicht. Das waren JPGs. Es gab allersings Situationen, in denen manche Ecken viel zu dunkel, und andere viel zu hell waren, also Szenen mit so großem Dynamikumfang, dass die Bildverarbeitung der Kamera aufgegeben hatte. Damals, um 10 Jahre Erfahrung ärmer, dachte ich, das kann doch nicht sein. Aber das Auge ist noch mal ein ganz anderes Kaliber als selbst die besten Sensoren des heutigen Marktes. Was für das menschliche Auge kein Problem ist, lässt einen Kamerasensor völlig blank dastehen.

Dr. Schuhmacher hat sich aus meiner Sicht fast erschöpfend über das Thema RAW vs. JPG geäußert. Viel mehr kann ich dem eigentlich gar nicht hinzufügen. Natürlich kann man sich dem Thema über Dynamikumfänge, technische Details und Testcharts nähern. Dieses Wissen ist auch an etlichen Stellen wichtig, um bei der Bildbearbeitung nicht auf die Nase zu fallen. Ich habe dennoch bemerkt, dass meine zentrale Frage immer geblieben ist: Sieht das Bild so aus wie ich es haben will oder nicht? Bei den "vorgefertigten" JPGs war das immer weniger der Fall, und so kam ich zu RAW.

Ein ganz eigener Prozess

Ich denke, der größte Vorteil von RAW ist, dass der Entstehungsprozess des finalen Bildes wesentlich bewusster abläuft. Es wird lange nicht so viel für einen erledigt wie bspw. bei einer kamerainternen Bearbeitung. Doch genau das öffnet die Tür für einen Prozess, der eine äußerst spannende Mischung aus Handwerk und Kunst darstellt. Der handwerkliche Teil besteht darin, die technische Qualität des Originals so gut wie möglich im Resultat zu erhalten, und ggf. Korrekturen vorzunehmen. Der kreative Teil jedoch beeinflusst die Bildwirkung, und ist letztendlich das Sprachrohr des Fotografen. Je besser das Sprachrohr ist, desto besser wird verstanden was jemand sagt.

In diesem Workshop teile ich meine Erfahrungen, Probleme und Bearbeitungsprozesse mit Darktable. All das ist natürlich ab einem gewissen Grad völlige Geschmackssache, es soll lediglich die Möglichkeiten dieser Software aufzeigen.

Über Presets

Das Kapitel könnte nur einen Satz beinhalten: Ich bin kein Freund von Presets.

Die Langfassung: Ich behandle das Thema hier nur, weil heutzutage gefühlt jede/r seine Presets zum Verkauf anbietet. Gerade auf YouTube scheint das ein gängiges Geschäftsmodell geworden zu sein. Für mich sprechen zwei wesentliche Punkte gegen Presets.

Erstens: Jedes Foto ist einzigartig. Es ergibt keinen Sinn, eine vorgefertigte Schablone darüber zu legen. Es konterkariert den gesamten Schaffensprozess. Und da für jedes Foto sowieso Anpassungen vorgenommen werden müssen, warum nicht alles selbst in die Hand nehmen? Ganz zu schweigen davon, dass die Individualität in der Bildwirkung stark unter solchen Presets leidet. Buchstäblich sehen alle doch irgendwo gleich aus.

Zweitens: Beim Anwenden von Presets ist der Lerneffekt gleich null. Warum sieht das Foto jetzt so aus? Ist das überhaupt das, was das Foto aussagen soll? Falls nicht, wie müssen die Parameter denn verändert werden? Sobald die Schablone nicht passt, tappt man im Dunkeln.

Und abschließend kann das Bearbeiten richtig Spaß machen, sobald ein paar Handgriffe sitzen. Deswegen: Viel Spaß mit diesem Workshop, ich hoffe er gefällt euch!

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