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Der Weißabgleich

Einer der größten Vorteile der RAW-Bildbearbeitung ist die Möglichkeit der verlustfreien Anpassung des Weißabgleichs. Das befreit zum einen von dem Druck, diesen bei der Aufnahme richtig einzustellen, und eröffnet einen sehr großen Gestaltungs- und Korrekturspielraum in der Nachbearbeitung.

Der Weißabgleich dient dazu, dass Grautöne im Bild farbneutral dargestellt werden. Jede Lichtquelle emittiert ein anderes Farbspektrum, und der Kamerasensor stellt je nach dem Farben leicht anders dar. Durch Verschieben der Farbtemperatur- und Farbtonregler wird das "Mischverhältnis" der Farbkanäle Rot und Blau gegenüber dem grünen Kanal verschoben. Das Modul kann diese Parameter selbständig für eine vorgegebene Fläche ermitteln, die im Resultat neutral weiß erscheinen soll.

Darktable hat (aus meiner Sicht) leider noch ein zusätzliches Modul in diesen Bearbeitungsschritt involviert, nämlich die "Farbkalibrierung". Dieses Modul kann ebenfalls den Weißabgleich setzen, gibt jedoch bei der automatischen Erkennung der Farbquelle gerne auf (s.rechts), und schaltet auf ein anderes Modell der Farbkorrektur um. Leider liegt es damit sehr oft daneben und ist aber im Vorfeld aktiviert, d.h. bei jedem frisch importierten Bild sind bereits solche Korrekturen vorgenommen.

Um das zu verhindern, kann in den globalen Einstellungen unter "Bearbeitung" die Einstellung "Arbeitsablauf-spezifische Einstellungen automatisch anwenden" auf "keine" gesetzt werden. Leider ist diese Option komplett undurchsichtig.

Wichtig: Verschiebt man bei aktivierter Farbkalibrierung Regler in dem klassischen Weißabgleich-Modul, so erscheint die Fehlermeldung "Weißabgleich doppelt angewendet". Dies kann durch Deaktivierung der Farbkalibrierung behoben werden.

Im Folgenden ist das gleiche Bild einmal mit reiner Weißabgleichkorrektur und einmal mit der oben dargestellten Farbkalibrierung zu sehen. Die Farbkalibrierung produziert meiner Ansicht nach wesentlich "klinischere" Bilder, bei denen gerade Grüntöne fast beißend und bläulich wirken. Im Nachgang können diese außerdem nicht durch eine Anpassung des Weißabgleichs in wärmere Farbtöne umgewandelt werden, da sonst der Fehler der doppelt angewandten Module erscheint. Hier geht viel Flexiblität bei der Bearbeitung verloren.

aktivierte Farbkalibrierung

nur Weißabgleich

Das Bild ist mit einer Sony A7 RII aufgenommen, deren RAW Dateien ich ohnehin als relativ kalt abgestimmt empfinde. In den meisten Fällen muss ich den Farbton im Weißabgleich geringfügig unter 1,000 verschieben um zudem die Grüntöne zu entschärfen. Meist muss eine Farbtonverschiebung unter 1 (Richtung Magenta) geringfügig mit einer geringeren Farbtemperatur kompensiert werden. All das hängt aber natürlich von der Lichtquelle ab.

Das folgende Bild entsteht bei Farbton 0,934 (also deutlich magentalastig) und 5780K. Die Farbkalibrierung ist komplett abgeschaltet. Jetzt haben sowohl die Blätter Tendenz zu einem gelblicheren, weicheren Ton, als auch die Pflastersteine die richtige Magentatönung:

Zusammenfassend bleibe ich bei dem alt bewährten Weißabgleichmodul, weil ich mir hier viel Arbeit spare. Die nachträgliche Justage einzelner Farbbereiche wäre extrem zeitintensiv und sorgt meistens für ein forciertes, künstliches Erscheinungsbild.

Schrittweises Einstellen der Farbkalibrierung

Inzwischen konnte ich für die Sony A7 RII doch noch einen Workflow etablieren, der in manchen Fällen für eine realistischere Farbdarstellung sorgt. In 90% der Fälle reicht mir das klassische Weißabgleichmodul jedoch aus.

Die Farbkalibrierung setze ich wie folgt:

  1. Setzen des normalen Weißabgleichs auf Bypass (wie Kameraeinstellung)
  2. Setzen des Modus in der Farbkalibrierung: linear Bradford
  3. Setzen der Lichtquelle auf Tageslicht bzw. auf die am nächsten kommende Lichtquelle
  4. Anpassung der Farbtemperatur ist jetzt möglich
  5. Optional: Umschalten der Lichtquelle auf Benutzerdefiniert und leichte Anpassung am Farbton
Es ist sehr wichtig, dass die Umschaltung auf Benutzerdefiniert erst ganz am Schluss erfolgt. Das Modul stellt diese Parameter durch die Vorauswahl der Lichtquelle (z.B. Tageslicht) halbwegs sinnvoll ein, sodass sich danach leicht Anpassungen vornehmen lassen. Falls jedoch von Anfang an Benutzerdefiniert ausgewählt ist, steht man schnell auf verlorenem Posten.
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